Das Vorkeimen von Kartoffeln kann die Erträge positiv beeinflussen. Der Aufwand ist aber relativ gross.
Vorkeimen sollte man gemäss den Empfehlungen der Forschungsanstalten ACW und ART bei 10 bis 12 °C, einer Luftfeuchtigkeit von 80 bis 85% und diffusem Licht. Die Vorkeimdauer ist sortenspezifisch und hängt vom Verwendungszweck ab. Bei der Produktion von Pflanz- und Frühkartoffeln ist das Vorkeimen unerlässlich, aber auch bei anderen Produktionsrichtungen bringt es Vorteile mit sich: Das rasche Auflaufen reduziert die Gefahr von Auflaufkrankheiten wie Rhizoctonia, zudem kann ein günstiger Pflanztermin abgewartet werden. Die rasche Bodenbedeckung und der frühe Reihenschluss führen zu einer guten Unkrautkonkurrenz. Weiter können die Triebkraft der Knollen und die Reinheit des Saatgutpostens kontrolliert werden. Die Vegetationszeit verkürzt sich auf dem Feld um 1 bis 2 Wochen, wodurch die Ernte früher ausfällt. Schliesslich ist ein Mehrertrag bis 15% durchaus möglich. Der Raum- und Platzbedarf für das Vorkeimen beträgt pro Hektare 8 bis 12 m2 Bodenfläche.Die Kosten und vor allem der grosse Arbeitsaufwand dürfen aber nicht unterschätzt werden.
Vorkeimen – ja, aber
Daniel Niklaus bewirtschaftet in Müntschemier einen Betrieb mit 39 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Auf rund 18 ha produziert er Kartoffeln, unterteilt in 10 ha Saatkartoffeln, 6 ha Industriekartoffeln und 2 ha Speisekartoffeln. Auf dem Betrieb von Niklaus werden die Saatkartoffeln vorgekeimt: «Ich vergleiche das Vorkeimen mit einer Krankenversicherung. Wir zahlen häufig ein, ohne dass wir die Leistungen beanspruchen. Es ist keine Garantie, aber eine Versicherung.» Wichtig sei aber, dass die Arbeit seriös vorgenommen werde: «Nur Vorkeimen, um das Gewissen zu beruhigen, bringt nichts, da sind der Aufwand und die Kosten zu gross.»
Investitionen abwägen
Daniel Niklaus empfiehlt, Neuinvestitionen von Vorkeimeinrichtungen gut zu überdenken, da auch ohne Vorkeimen gute Erträge erzielt werden können. Ausgeschlossen seien die Produktion von Saat- und Frühkartoffeln unter Folien, wo das Vorkeimen wirklich Sinn mache. Oft geschieht es, dass Keime durch den Bechersetzautomaten abbrechen und die Knollen dadurch unregelmässig auflaufen. «Die Keime müssen unverletzt in den Boden gelangen, sonst erbringt das Vorkeimen keinen Nutzen. Deshalb investieren wir dieses Jahr in einen neuen Setzautomaten mit Riemen, der speziell für vorgekeimte Saatkartoffeln geeignet ist.» Daniel Niklaus hat vor Jahren in Vorkeimgestelle investiert, weshalb er diese auch nutzt: «Den grössten Nutzen des Vorkeimens sehe ich persönlich bei den Saatkartoffeln darin, dass ich die Vegetationsperiode bis zwei Wochen vorverschieben kann.» Daniel Niklaus keimt seine Kartoffeln draussen am Tageslicht vor, geschützt durch eine durchsichtige Noppenfolie. «Das Sonnenlicht fördert kurze, grüne Keime und ist besser als die Beleuchtung durch Neonlampen, da das künstlich erzeugte Licht eine viel lokalere Wirkung aufweist. » Sinken die Temperaturen unter 0°C, wird die Folie über den Vorkeimgestellen heruntergelassen. Auch wenn nach dieser Vorkehrung die Temperaturen unter der Folie etwas tiefer liegen als die Optimaltemperaturen, sei das nicht dramatisch. «Bei uns werden alle Sorten bei Aussentemperaturen vorgekeimt, die Dauer jedoch passen wir der Sorte an.»
Besser 1xmehr umschütten
Da nicht alle Kartoffeln in den Vorkeimgestellen Platz haben, müssen einige in den Paloxen gelagert werden. Damit möglichst alle Kartoffeln gleich viel Licht erhalten und derselben Temperatur ausgesetzt sind, werden sie alle 12 bis 14 Tage nach Bezug aus dem Kühlhaus umgeschüttet. «Ein Verlust von Keimen durch das Umschütten muss in Kauf genommen werden. Es ist jedoch schlimmer, lange Keime zu verlieren, als mehrmals kurze abzubrechen. Obwohl es mit Arbeit verbunden ist, schütte ich lieber einmal mehr um.»
Seriös beizen lohnt sich
Die Semag empfiehlt das Beizen bei der Saatgutproduktion. Das Saatgut kann gebeizt gekauft oder auf dem Setzautomaten mit Düsen besprüht werden, wie es auf dem Betrieb von Daniel Niklaus der Fall ist. In der Regel reicht einmaliges Beizen beim Setzen durchaus. Sorten, die anfällig auf den Befall von Rhizoctonia sind oder auf einem heiklen Boden wachsen, beizt Daniel Niklaus zwei Mal: eine Lager- und eine Setzbeizung. «Wenn man gesundes Saatgut hat, das pockenfrei ist, und optimale Bodenbedingungen mit Bodentemperaturen ab 10 °C herrschen, die ein schnelles Auflaufen ermöglichen, ist die Gefahr von Rhizoctonia weniger gross. Damit eine optimale Wirkung erzeugt werden kann, sei es wichtig, dass richtig gebeizt wird. «Die Düsen auf dem Setzautomaten sollten während der Saison gereinigt werden, damit die Kartoffeln rundum besprüht werden. Es ist nachgewiesen, dass das Beizen eine Wirkung hat, wenn es seriös durchgeführt wird.»